Aristokratisch barocke Leichtigkeit im Umgang mit Farbe

Eine fertige Wohnung in einer Überbauung steht drei Jahre lang leer, es ist die Musterwohnung direkt am Untersee. Sie ist wie die meisten Wohnungen (Titan)-weiss gestrichen, grauer Boden, graue Küche (Bild ganz unten). Sie findet schliesslich eine Käuferschaft, unsere Kunden. Was folgt ist eine feinraum-Transformation par excellence: Farbig, fröhlich, leicht, mit barockem Einschlag sind die natürlichen Oberflächen geworden. Die Wohnung ist nicht wieder zu erkennen.

Nach einer Reinigung der Oberflächen mit Rosenwasser folgten Anstriche mit Kreide-Kaseinfarbe, die dem Hauptraum, welcher auf beiden Hausseiten offene Fensterflächen zeigt, mit ihrem warm-ruhigen Klang Halt gibt. Die zentrale Wand, die von Fensterfront zu Fensterfront reicht, wurde mit einen Stucco aus Jurakalk und Cochenille geglättet. Das Musik- und das Büro/Arbeitszimmer fanden ebenfalls ihre expliziten Kaseinfarbanstriche mit leimfarbenen Decken und schliesslich erhielt das Schlafzimmer eine Kalkglätte (Marmorino)-Bekleidung. Die beiden Badezimmer hingegen erstrahlen in tiefen intimen Farben.

Durchaus malerisch, uns hat’s riesig Spass gemacht und die Kunden lieben es – was will man mehr?

 

Handwerk: Die Rückkehr des Malerischen in die Architektur. Oder gibt es noch Malerei am Bau?

Einleitungstext zum talk with world-crafts.org 18. Mai 2017 in Zürich – World Crafts Talk – Handwerk Malerei

Die Rückkehr des Malerischen in der Architektur. Oder gibt es noch Malerei am Bau?

Architektur und Malerei waren einst gleichwertige Partner als einander in die Hand spielende Disziplinen. Was daraus geworden ist und wie das jemand umsetzt, der sich seit mehr als 35 Jahren damit befasst.

Das Malerische im heutigen Bauen – wie muss man sich das vorstellen?

Verzieren, Dekorieren, Ornamente am Bau wirken oft aufgesetzt und etwas verloren. Geglückte Momente dieses Prozesses der „Inwertsetzung“ einer Baute kennen wir von Peter Zumtors Bad in Vals. Hier ist es die Verwendung des Valser Steins, der eingefärbte Beton sowie die Lichtführung, die malerische Züge zeigen. Nebst dem Mehrwert „Ambiance“, der so geschaffen wird, ist genau das ins-Licht-Setzten einer Baute ein urmalerischer Vorgang. Ein anderes dieser Glücksmomente finden wir bei Martin Rauchs Lehmarbeiten. In seinem Wohnhaus mit der Rakubrand Keramik von Marta Rauch erfährt man eindrücklich, wie Kunst gebaut werden kann.

Aber wie stet’s mit der Malerei?

Abgesehen von historischen Bauten, wo der Mehrwert von Farbe und Malerei offensichtlich ist, kann man fast sagen, dass das Malerische heute aus dem Bauen verbannt ist. Malerei scheint in einer Auseinandersetzung damit nicht wirklich einen Wert zu haben, die Wahrnehmung von Malerei ist heute eher negativ konditioniert: Farben stinken und die gemalten Oberflächen werden dann doch nicht so perfekt, wie die Industrie sie auf Küchen, Einbauten, Türen liefern kann,“ der Maler“ soll dann einfach den noch verbleibenden Oberflächen einen Anstrich verpassen. Und wo noch Farbe zum Zug kommt, wird diese an Farbgestalter delegiert.

Der malerische Prozess

Dem Malerischen als gestalterisch künstlerischer Vorgang im heutigen bauen widmet sich Carlo Vagnières und sein Team seit mehr als 35 Jahren. Dabei hat er bald begonnen seine Farben und Verputze selber herzustellen. Etwas naiv ahnte er damals kaum, welch ungezählte Möglichkeiten sich einem abseits von “RAL 9010“ erschliessen. Die Breite der Palette reicht von Wand- und Deckenfarben mit deren adäquaten malerischen Verarbeitungen zu Verputzen, Bodenbelägen (wie Kaklkaseinbeläge oder neuerdings ein gespachtelter Linoleumbelag) und vielem mehr. Die Mittel, mit denen Vagnières, der heute mit festem Team arbeitet, den Räumen und Bauten Lebendigkeit, Charakter, Tiefe, Ruhe, Schönheit, Harmonie, Glanz, Gewicht oder Leichtigkeit und Farbe und immer wieder auch bildnerische Malerei verleiht, sind endlos. Einmal soll ein Raum weich und offen zeichnen, ein andermal kompakt und begrenzend (was schon mit einem kleinen Zusatz im Bindemittel erreicht werden kann). Ob man eine Farbe herstellt oder einen Farbton bestimmt oder ihn malt, jeder Moment dieses Prozesses ist immer emphatisch verbunden mit dem Objekt und für das Objekt. Feinraum, wie seine Firma heute heisst, ist ein Dauerlaboratorium für lebendigen Ausdruck im Bau.

Gibt es noch Malerei am Bau?

Die Antwort ist Ja und wie, auwertend und nachhaltig. Einige Beispiele:

Hotel de Ville, Orbe. 2011/2012 das CV mit und für den Architekten Michel Lardierei realisierte

Zu diesem Thema siehe auch den Artikel: Gegenwärtiges Projekt Stümmel – malerischer Umgang mit den geraden Flächen im heutigen bauen

Oder: die Treppenhausmalereien im Zürcher Seefeld 

Oder einach die Seite Farbgestaltungen von Feinraum

 

Einladung World Crafts Talk – Handwerk Malerei Donnerstag, 18. Mai 2017 Lokal Fluntern – Voltastrasse 58 – 8044 Zürich 18.30 – 20.30 Uhr

Einladung World Crafts Talk – Handwerk Malerei

Am 18. Mai 2017 findet der World Crafts Talk in den Räumlichkeiten von LOKAL Fluntern in Zürich statt. Zum Handwerksthema Malerei wird Carlo Vagnières (www.feinraum.ch) zu Gast sein.

Lassen Sie sich von Carlo Vagnières in die Einzigartigkeit der Malerei entführen. Erfahren Sie mehr über die Leidenschaft zur Herstellung von wirklich ökologischen Materialien und lassen Sie sich von der virtuos gestalteten Oberfläche begeistern.

Organisator der regelmässigen Talks ist World Crafts. Ziel der Veranstaltungen ist das Bekannt machen und Fördern von alten und neuen Handwerken aus der ganzen Welt. Moderiert werden die World Crafts Talks von Philipp Kuntze, Gründer World Crafts und Inhaber Qn‘C.
www.qnc.ch

Die Anzahl Teilnehmer ist limitiert. Wir danken für Ihre Anmeldung bis am 16. Mai 2017.

Handwerk: Malerei
Wann: Donnerstag, 18. Mai 2017
Ort:
 Lokal Fluntern – Voltastrasse 58 – 8044 Zürich – www.lokal-fluntern.ch
Zeit:
 18.30 – 20.30 Uhr
Kosten: CHF 10.00
Anmeldung: World Crafts – info@world-crafts.org

Detaillierte Angaben finden Sie hier

 

 

Handwerk: Projekt Stümmel, malerischer Umgang mit den geraden Flächen im heutigen Bauen

Malerischer Umgang mit geraden Flächen (Projekt Stümmel)

Dieses sanfte seidene Changieren eines weichen Glanzes abwechselnd mit matten Stellen in der gestrichenen Decke oder Wand, oder ein Stucco, so eingestellt, dass er beim Auftragen durch die Bewegung der Kelle nicht einfach flach wurde, sondern ein Bild zeigt, das zwar nicht aufdringlich ist aber ungemein beruhigt – man hat hier immer etwas zu sehen (fast wie bei einer Maserung im Holz), etwas Entstandenes, nicht gesucht Vorgegebenes, etwas, das einfach aus einem natürlichen Arbeitsprozess heraus hervorgegangen ist. Es sind Qualitäten, die uns viel Wohlbefinden und lange anhaltende Freude bereiten.

Aus der Sensorik weiss man, dass der Geist, konfrontiert mit einer homogenen (Titan-)weissen Fläche solange darin sucht, bis er etwas findet, einen Schatten, einen Flecken, woran er sich halten, orientieren kann. Fehlt solches, wird das als sehr unangenehm empfunden (bekanntlich gerade etwa bei Spitalkunden).

Es sind malerische Qualitäten, die den heutigen Malern viel abverlangen; es braucht einen schönen gleichmässig ruhigen Duktus beim Auftragen der Farbe, diese darf nicht trocknen, das heisst, mein Kollege muss mit seinem Pinsel in die nasse Fläche hinein streichen, die ich ihm hinterlasse – “nass in nass“ nennt man das. Mit dem Bewusstsein, dass man das so entstandene Bild dann auch als Resultat sieht, können nur wenige Maler umgehen. Deshalb waren auch bei diesem Projekt enge Betreuung, Unterstützung und Mitarbeit unsererseits angesagt. Schliesslich ist es aber sehr gut geworden und die Bauherrschaft, die selber mitgearbeitet hat, ist überglücklich.

Solch Malerisches bringt auch eine Sprache „von Mensch zu Mensch“ an einen Ort. Ein Wohnhaus sollte nicht die in Mietshäusern üblichen homogenen Oberflächen aufweisen, die eigentlich nur den grösstmöglichen Kompromiss darstellen mit dem Anspruch einer als Qualität empfundenen sogenannten Sauberkeit, wo jeder Flecken darin zu einer Herabminderung führt. Wer dies merkt, wird es in seinem eigenen Haus wohl kaum so wollen.

Die Farbklänge sind ganz in Naturtönen von Kalk und Steinen gehalten, die Decken heben sich mit einem sehr zarten, hellen Blau licht gegen den Himmel ab.

Die Fassade ist in einem Kalkaufbau bis zum Frescosumpfkalk mit hydrophobisierender Seifenbehandlung in genau so fein lebendiger Sprache gehalten. Solche Oberflächen werden, wie immer beim Kalk, bei feuchtem Wetter etwas dunkler und hellen bei Trockenheit wieder auf.