Donald Niebaum

Wir stellen Donald und seine Arbeit vor und dazu in seiner Schilderung was es bewirkte, in ganz direktem Umgang zu sein mit dem, was man macht.

Donald

Von Graffs zu Sgraffiti 

Seit Donald mit feinraum unterwegs ist, entwickelt er seine ganz eigene Kunstform, sei es nun eine Jaali Wall aus ausgemusterten Betonbodenplatten, die man nicht einfach wegschmeissen will, ein Brunnentrog für den Garten oder seine Graffs in „Sgraffitotechnik“ oder ob es sich ganz einfach um eine neu verputzte Wand handelt, immer ist seine kunstvolle Hand erkennbar. So erweitert er sein Handwerk und gibt ihm eine spezielle Note; wir schätzen ihn hoch, dafür und für sein grosses handwerkerisches Talent, mit dem er ausserordentlich erfolgreich Arbeiten angeht, die er eigentlich nicht gelernt hat – Genau das, was es heute braucht: Leute, die ihre Berufe bereichern und ihnen mit Kreativität und Talent wieder eine sinnvolle Perspektive geben. Ich glaube, man kann heute die meisten Berufe in einer ganz neuen Form leben, getreu dem Motto von Tolstoi, dass es nicht so wichtig sei, was man macht, sondern wie man es macht.

Nebst seiner Maurertätigkeit war und ist Donald auch als Graff-Künstler unterwegs. Konfrontiert mit den traditionellen Techniken des Sgarffito, bei dem man in einen fingerdruckfesten al fresco aufgetragenen Sumpfkalkverputz hinein ritzt, hat er daraus etwas ganz Neues entwickelt: eine eigenständige und erst noch völlig umweltfreundliche Kunstform. Es ist, als hätte die ehrwürdige Sgraffitotechnik nur auf Donald gewartet, um in einem gänzlich neuen Umfeld ihre Wiedergeburt zu feiern.

Ganz grosses Talent aber zeigt Donald, wenn es darum geht, Aussenstehende ins Handwerk einzuführen. Immer mehr arbeiten wir mit den Bauherrschaften direkt zusammen, immer wollen die Leute aktiv mitwirken. Sie machen es nicht nur, um Geld zu sparen (oft würden sie in ihren angestammtem Berufen wohl mehr verdienen, als das durch ihre Eigenleistung Eingesparte), sondern um einen echten Bezug zu schaffen zu dem, was ein Gebäude ausmacht, und zu dem Ort, an und mit dem sie leben wollen. Die Art, wie Donald die Dinge in die Hand nimmt, ist wohl einzigartig und hat so schon einige befeuert, ihr eigens Ding in die Hand zu nehmen. Gerade in diesen digital übersteuerten Zeiten schaffen wir mit dem Anspitzen einer Wand oder dem Anwurf eines Gradputzes einen viel tieferen Bezug zu einem Ort. Es ist dies ein idealer Ausgleich zu all den planerischen Arbeiten beim Bauen, die in unseren Köpfen unablässig ihre Runden drehen.

Lesen Sie dazu Donalds Bericht:

Frage an Donald:

Donald du arbeitest gerne zusammen mit den Bauschafften, was bedeutet diese Zusammenarbeit für dich und was kann da entstehen?

Donald:

Ja genau! Es war wohl eines der ereignisvollsten Projekten dieser Art, in dem ich jemals mitwirken durfte.

Dazu muss ich noch sagen, ich konnte schon in der Vergangenheit bei solchen Projekten mitarbeiten, wo die Bauherrschaft aktiv mitgewirkt hat. Nie aber, erlebte ich eine solch explosivartige Transformation, Verwandlung einer Person, die ich ja zuvor schon kannte.

Es war eine klassische Verputzarbeit. Der Plan war, den alten Plastikputz zu entfernen und im einten Raum mit Lehm- und im anderen mit Kalkputzen die Wände im Keller wieder aufzubauen.

Die Bauherrschaft erledigte die Fleissarbeit wie Abbruch-, Abdeck- und Reinigungsarbeiten. Ich hatte dabei eine begleitende Funktion. Organisatorisch war es eher simpel.

Zusammen mischten wir die zwei verschiedenen Putze selbst.

Danach machten wir uns an die Wände. Der Bauherr und ein junger Verwandter von ihnen, wollten mit mir verputzen. Die Bauherrin war eher zurückhaltend.

Ich freute mich riesig, ihnen meine Arbeit näherzubringen zu können. Bei ihnen war aber zuerst noch Skepsis, Unsicherheit und Angst vor dem Versagen klar zu spüren.

Ich merkte schnell, die Verputztechnik, in dem Fall der Kellenwurf, wurde zum Schlüssel, um die beiden Männer zu lösen.

Sie übten, übten und übten den Lehmputz an die Wand zu bringen, aber immer wieder fiel er runter, haftete nicht richtig und so weiter. Es war nicht sehr befriedigend für die beiden. Zudem waren sie dreckig von Kopf bis Fuss.

Sie sprachen davon, dass Sie nichts richtig machten, es liege mehr Putz am Boden als an der Wand usw.. Ich zeigte ihnen immer wieder aufs Neue, wie man den Putz an die Wand wirft. Gleichzeitig gab ich ihnen immer wieder zu verstehen, es gebe in dem Sinn kein Richtig oder Falsch, man müsse sich zwar an ein paar Regeln der Verputztechnik halten, aber man muss loslassen lernen!

Und siehe da. Es ging, je länger desto besser.

Begonnen hatten wir mit dem Lehmraum, was zum Üben ideal war. Im Kalkraum waren die beiden dann soweit, dass sie einfach arbeiteten. Als ich dann eines abends Feierabend hatte, waren Sie noch am Verputzen. Ich sagte tschüss und sah einfach zwei Menschen die strahlten übers ganze Gesicht. Es war fast so, als seien sie wieder Kinder geworden. Dreckig, verschwitzt aber Sie waren glücklich, zufrieden und konnten spüren, wie etwas entstand.

Für mich war es genauso ein fantastisches Erlebnis. Zum einen war es toll, ihnen das Handwerk zu zeigen. Zum anderen, fast schöner, ihnen wieder den Bezug zum Ursprünglichen zu ermöglichen.

Der Bauherr, muss man noch erwähnen, arbeitet sonst als Anwalt. Er war in der Vergangenheit nie besonders interessiert oder dabei, wenn wir was am Haus machten. Er war distanziert.

Seit dieser Arbeit aber begrüsst er mich, wenn wir uns sehen, immer voll aufgestellt, warm, herzlich und fröhlich.

Auch ich durchlebte eine kleine Reise durch den Menschen. Ich konnte genau so viel mitnehmen.

Am schönsten war es zu sehen, wie ich jemand anderem etwas beibringen kann.

grüsse donald

 

Kultur, Kultur, Kultur, Kultur, Italien: ein Reisebericht

Italiens neue und alte Kalkprodukte

Am ersten Juni frühmorgens sind wir für “calcina“, den Fachverband für Kalk, unterwegs nach Italien, genauer Norditalien. Unser Ziel: zwei Kalkproduzenten besuchen, die interessante Kalk-Produkte herstellen. Dazu muss man wissen, der Kalk ist in Italien bis heute ein ganz gängiges Alltagsbauprodukt und so hat denn auch etwa jede Region einen Kalkproduzenten. Die Firmen, die wir besuchen, haben für uns wichtige und besondere Produkte, die wir in der Folge gerne vorstellen: In Kürze werden wir damit einen Workshop  veranstalten, dazu mehr weiter unten.

Nach einer langen und, wie es scheint, schnurgeraden Fahrt durch das flache und ehrlich gesagt trist anmutende Agro-Piemont, gelangen wir nach dem Mittag nach Piasco, zu unserem ersten Hersteller mit Steinbruch und fünf Öfen, die gasbetrieben sind. Die Firma produziert Kalk in der fünften Generation, 30 Tonnen pro Tag. Auf die Firma aufmerksam geworden sind wir durch Ajito Zolliker, der im Tessin lebt und mit deren Produkten seine Fassade renoviert hat,

Wir treffen die Signori Deaglio und Albonici, die den Betrieb leiten, beide Vertreter der zwei Familien, die hier schon seit 1868 Kalk und Kalkprodukte herstellen. Es ist ein mittelständisches Unternehmen, immer noch unabhängig.

Diese Firma spricht uns besonders an, weil sie konsequent mit Sumpfkalk arbeitet und damit für uns sehr interessante Produkte herstellt. 

Uns interessieren vor allem

der COCCIO PESTO, also der durch Ziegelmehlzusatz hydraulisch aushärtende Verputz für aussen. Das Besondere daran: er wird im Sack geliefert; da aber der Hydraulefaktor, also das Ziegelmehl, den Verputz auch im nassen Zustand härtet, ist innenliegend im Sack ein zweiter Sack mit dem Ziegelmehlpuver eingeschweisst, eine Intelligente Konfektionierung, die es uns ermöglicht mit dem – im Vergleich zu einem Pulverkalkhydrat –  qualitativ besseren Sumpfkalk zu arbeiten: Man öffnet beide Säcke, mischt sie und kann zur Verarbeitung schreiten, es klappt sehr gut. Zwei damit verputzte Fassaden in der Schweiz kennen wir. Eine ist die von Ajito im Tessin, der die Farbe grad schön fand, wie sie war, und keinen Anstrich mehr darauf gemacht hat. Er ist bis heute zufrieden mit seiner Fassade.

Superinteressant ist für uns auch der

INTONACO DEUMIDIFICANTE, also der Entfeuchtungsputz, bestehend aus Sumpfkalk und mineralischen Füllkomponenten, die beim Anrühren expandieren.
Er soll demnach auch auf versalzene Stellen, die vorgängig zu reinigen sind, funktionieren. Wer es genau wissen will, kommt an den Workshop, siehe weiter unten.

Und schließlich sind da noch die Hanfdämmputze, den CALCE CANAPA TERMOINTONACO . Auch beim Hanfdämmputz, den man bis zu einer 15 cm dicken Schicht auftragen kann, fällt wiederum die intelligente Konfektionierung auf, die es dem Verarbeiter für einmal einfach macht.

Ein weiteres Hanfprodukt gibt es für Estrichböden oder für das Dach.

Natürlich interessiert uns auch der Sumpfkalk: es ist Dolomitkalk, also ein magnesiumhaltiger. Das ist nach den Angaben von Ingenieur Angelo Albanici für die Festigkeit der Verputze von Vorteil. Den Sumpfkalk gibt es als Sackware ohne Zeitangabe, den 24 Monate gelagerten, und im Eimer ist auch ein 60 Monate gesumpfter für Restaurationen erhältlich. Es gibt Aussagen, wo behauptet wird, mehr als 3 Jahre Lagerung bringe nichts mehr. Ich kann mich dem ein Stück weit anschließen, denn die graduellen Verbesserungen nach 36 Monaten gehen dann doch, wenn überhaupt, sehr sehr langsam vor sich.
Für Farben ist, nach Beurteilung des Autors, ein magnesiumhaltiger Sumpfkalk nicht der einfachste. Erfahrungen damit habe ich mit einem Produkt eines anderen Kalkproduzenten. Mit dem Sumpfkalk von Pisco stehen solche noch aus.

Die beiden SIgnori zeigen uns jeden Winkel der Anlage, wir sind fasziniert und beschliessen eine weitere Calcina-Reise zu veranstalten. Um 17 Uhr verlassen wir die zwei ausgesprochen sympathischen Herren, es war eine schöne Begegnung.

Ajito

Wir begeben uns in die piemonteser Berge zu Ajito, der dort ein Anwesen mit siebzig Haselnussbäumen (oder waren es neunzig?) erworben hat.
Auch da gibt es bald schon viel zu renovieren und zu bauen, wir freuen uns schon darauf.
Bei Ajito verbringen wir die Nacht, der Ort ist hinreisend, riesig und inmitten einer wilden Natur, Erholung pur.

ET

Nach einem ausgiebigen Frühstück machen wir uns wieder auf den Weg.
Es geht nach Vigevano, wo wir um 17 Uhr mit Gabriella und Francesco verabredet sind.

Da interessiert uns vor allem ein Produkt, das mit Versalzungen umgehen kann: Das Ecosun,
das wir für Bea Grünig testhalber einmal angewendet hatten und sich bis heute bewährt hat. Allerdings erfuhren wir von Francesco, dass wir es nicht ganz richtig verwendet haben. Leider hatte der Schweizer Verkäufer wohl kaum eigene Erfahrungen damit und konnte uns damals nicht wirklich weiterhelfen – und genau das war der Hauptgrund, warum wir nun nach Vigevano gingen…

..und da entpuppt sich Francesco als wahre Wundertüte: Wer möchte nicht ein Produkt, welches das Salzproblem in alten Wänden lösen kann – Tatsächlich wissen wir jetzt, wie es geht. Und auch dieses Produkt werden wir am Workshop anwenden.

Fassadenprodukte
Wir unternehmen einen Ausflug ins historische Zentrum von Vigevano, welches sehr reizvoll ist.
Da zeigt uns Francesco eine Fassade, die mit den ET-Produkten renoviert wurde: sie ist auch nach fünf Jahren in allerbestem Zustand, keine Wasserflecken, kein Salzdurchschlag, und eine wunderschöne Arbeit.

Gleich nebenan dann ein vor zwei Jahren renoviertes Gemäuer, bei dem mit Zement und Kunststoffen gearbeitet wurde: da fallen Verputz und Farbe in Brocken herunter. Auch an historischen Gebäuden in den riesigen Schlossanlagen platzen ganze Verputzbrocken ab, dabei wurde erst gerade renoviert.
„Kriminell“, meint Francesco, und auch wir sind seiner Meinung, man wüsste es doch besser…

Carlo Vagnières, September 2021

Mit den im Bericht erwähnten Kalkprodukten veranstalten wir am 7. und 8. Oktober für calcina einen Workshop

hier gehts zum Workshop

 

 

Kuhmistverputz im Bündnerland: ein uraltes Ding

Im verträumten Versam restaurierten wir zusammen mit den Bewohnern eine alte Küche. Die Jahrhunderte und vor allem die Zeit, in der das Haus im Winter leer stand, hatten den bestehenden Verputzen zugesetzt. Mürbes altes Verputzmaterial musste sorgfältig abgeschlagen werden, Jahrhunderte, Schichten über Schichten, wurden entfernt. Glücklicherweise hatte noch niemand mit plastifizierten Farben und Verputzen hantiert und auch nicht mit Zement, so dass nach ein paar Zentimetern wieder eine tragende Schicht hervorlugte, auf die sich dann wieder aufbauen liess.

Im Bereich des alten Kamins, also auf der Rückseite der ehemaligen Kochstelle, und am Kaminhut stiessen wir auf dicke Schichten aus Russ oder einfach „versottete“ Oberflächen in den Färbungen gelbbraun bis schwarz. An einigen Stellen kamen frühere Verputze zum Vorschein, die einfach aus Kuhdung und Sumpfkalk bestanden und die noch unaufgeschlossene Strohbestandteile zeigten und .. elastisch waren – elastisch nach hundert Jahren(!). Immer wieder hatte man dem Kalk in der einen oder anderen Form Kuhmist zugesetzt, wobei die so entstandenen Schichten, verarbeitet mit oder ohne Sandzugabe, unterschiedlich dick wurden. Und dann hatte man wieder gekocht und es wurde wieder schwarz und das Ganze ging von neuem los. 

So schlossen auch wir uns dem Reigen an und gaben unserem Grundputz einen stattlichen Teil frischen urinfreien Kuhdung zu – und es funktionierte hervorragend: Nach der Überarbeitung mit dem Deckputz und der Schlämme waren kein Geruch und absolut kein Gilbedurchschlag mehr zu verzeichnen.

Die Verputze fertigten wir vor Ort, selbstverständlich mit lokalen Sanden und dank den Kalkbränden in Sur En da Sent und S-Charl auch mit lokalem Sumpfkalk.

Für die zweite Küche im Haus fanden wir mit einer sehr alkalischen Schmierseife einen guten natürlichen Weg zum Entfernen der dicken Russ-Schichten, so dass hier eine Überarbeitung mit einer Kalkschlämme und ein Anstrich mit unserer Kalkfarbe genügte, um den Raum neu erstrahlen zu lassen.

Ausserdem wirkten wir noch mit beim Ölen der Böden, beim Sichern der Holz-Fensterbänke und anderem mehr.

Wir danken den Bewohnern für die kooperative Zusammenarbeit und die Gastfreundschaft, mit der sie uns aufgenommen haben, und dem Besitzer für seine Unterstützung; wir hatten eine gute Zeit und ein tolles Erlebnis zu einem fantastischen Resultat.

Kuhmistverputze eignen sich in vielfacher Form hervorragend auch im modernen Bauen, zum Beispiel auch als Klimaausgleichsputze in heissen Regionen!

 

 

Hundert Häuser. Ein neues Gesicht für die Zürcher Altstadt.

11. und 12.9.21
Im Rahmen der europäischen Tage des Denkmals zeigte feinraum in Kooperation mit Calcina, dem Fachverband für Kalk, und unter dem Motto Gewusst wie zwei Fassadenrenovationen mit Sumpf-Kalk in Zürich, die eine al secco, die andere al fresco.

Vor allem aber präsentierten wir zum ersten Mal das Projekt „Hundert Häuser“

Hundert Häuser:
Ein neues Gesicht für die Zürcher Altstadt.

Ein Projekt des Fachverbands für Kalk Calcina.

Gekalkte Hausfassaden wirken lebendig, authentisch und schön. Im Engadin oder in historischen italienischen Städten wie Venedig oder Siena sind sie heute noch weit verbreitet. Sie sorgen für einen Grossteil des Wohlgefühls und Charme, die wir an diesen Orten empfinden. Allerdings nehmen wir das heute nur noch unterschwellig wahr, weil das Wissen darüber verloren gegangen ist. Früher war Kalk ein universelles Baumaterial, das in diversen Varianten vom Hühnerstall bis Versailles zum Einsatz kam. Auch in Zürich waren entsprechende Verputze und Farben üblich, wie alte Fotografien zeigen. Im Laufe des letzten Jahrhunderts haben industrielle Produkte sie fast vollständig verdrängt. Dank der Aktion „Hundert Häuser“ des Fachverbandes Calcina soll sich das nun ändern.

hier geht’s zum Projekt

An dieser ersten Präsentation zeigten wir was Kalk ist und wie man ihn als Baumaterial einsetzt, wie aus Sumpfkalk Farbe oder Verputz wird. Wir danken im Nachhinein für die wertvollen Begegnungen. Mit ca. 80 Besuchern waren wir mehr als ausgebucht.