Die Vergabe des 1. Feinraum-Meister-Titels am 21.5.2022, zum Schmunzeln und Geniessen.
Mit Rebekka Stricker und Sonja Portman wurden die ersten feinraum Meisterinnen ausgezeichnet.
Was darunter zu verstehen ist, erläuterte Carlo Vagnières in seiner Ansprache, die er mit einem Augenzwinkern hielt, die in ihrem Kern aber viele Themen anspricht, die uns heute bewegen.
Ihr wohnt hier alle einem historischen Moment bei, ungefähr vergleichbar mit der ersten Verleihung des Nobelpreises. Leider ist es kein Preis, nur ein Titel, aber ein sehr bedeutsamer. Und das ist jetzt also das allererste Mal, dass dieser vergeben wird und wir alle dürfen daran teilhaben.
Das muss ich jetzt ein wenig verständlich machen. Für die, die nicht so genau wissen, was wir damit meinen. Und für jene, die glauben zu wissen, was gemeint ist, sowieso.
Ich wollte immer den Nobelpreis für das Malen einer weissen Wand. Ja vielleicht nicht den Nobelpreis, aber einen vergleichbaren Kunstpreis. Man stelle sich vor: Eine 5 m hohe und 12m lange Wand in einem angesehenen Kunsthaus und dann stehen die Besucher einfach vor einer weissen Wand und man sieht nichts ausser dieser weissen Wand. Also das, was normalerweise der Hintergrund für ein Kunstwerk ist, ist jetzt für einmal Vordergrund. Da ist nichts, nach dem der Geist greifen könnte, nichts, das unseren unbändigen visuellen Hunger stillen könnte. Aber was jetzt bei dieser Wand anders ist, wirklich ganz anders ist: Dass wenn du da rein kommst und vor dieser Wand stehst, dann entsteht da ein WOW,……….. W O W. Man kommt in diesen Raum und ist ergriffen, denn diese Wand hat eine Ausstrahlung, die einen tief berührt.
Ich erzähle das nicht, weil das eine Fantasie von uns ist. Ich sage das, weil wir auf diese Art arbeiten. Wenn wir eine Wand machen, dann stellen wir zuerst einmal eigenhändig die Farbe dafür her, etwa mit biodynamischem Quark und Champagnerkreide. Zunächst muss die Wand mit dem besten Rosenwasser gewaschen werden, ebenfalls eigenhändig. Die Aufragstechnik ist so gewählt, dass wir dabei auch wirklich präsent sind in unserem Tun. So, dass etwas von dieser Seinsqualität der Präsenz in die Wand kommt. Nur so wird diese 5 x 12 m grosse Wand zum Kunstwerk.
Mit dem, was wir damit gemacht haben, führen wir die Besucher hinter das Sichtbare – „beyond the visual“. Und zeigen, dass da ein ganzer Kosmos drauf wartet, entdeckt zu werden. Alle erwarten etwas, das man sieht. Aber nein, hier ist etwas, das mit uns passiert. Wir erleben das immer wieder in unseren Projekten: Man sieht nicht wirklich viel, ist aber von dieser Fläche berührt. Damit komme ich zum eigentlichen Thema.
Vor ein paar Monaten betrete ich in eine Wohnung, die von meinem tollen Team soeben renoviert und aufgefrischt worden war. Eine Mietwohnung. Ich komme da rein und das Empfinden beim Betreten war nicht WOW sondern UltraWOW. Ich musste einfach stehen bleiben und innerlich passierte ganz viel. Da war eine wunderschöne Ruhe, eine Klarheit, Aufrichtigkeit, Kraft, eine Harmonie und Zentriertheit, die schwer zu beschreiben sind. Da musste ich erst einmal einfach stehen bleiben und es auf mich wirken lassen.
Wir können viel mehr erreichen, für die Menschen, für die Orte, wenn wir diesen Schritt zum Meistermaler vollziehen und das mit dem alten Malermeister hinter uns lassen. Wo es hauptsächlich um Quantiät und das schnelle, möglichst gleichmässige Abwickeln von Quadratmetern geht.
Harmonie zu schaffen an einem Ort, an dem wir nachher Leben, scheint mir etwas wahnsinnig Wichtiges zu sein. Das war immer mein Hauptziel: Einen Ort zu harmonisieren. Und wenn ein Stückchen davon bleibt, für die Menchen, die nachher darin leben, dann reicht das schon. Harmonie ist nichts, das wir einfach haben. Harmonie musst du immer wieder machen. Ein Ort schwingt harmonisch, wenn man die Arbeiten dort sorgfältig, achtsam und mit Liebe ausgeführt hat. Wenn man Materialien ausgewählt hat, die jetzt nicht gerade Objekt von Kriegen sind. Wenn die Materialien für diese Lebensräume nicht chemisch verunstaltet sind, sondern mit der Natur und ihren Kreisläufen in Harmonie sind. Solche Räume wirken wie eine Stimmgabel für das Leben. Ist man wach, kann man sich an so einem Ort jeden Tag „stimmen“ und Freude am Leben haben.
So kam ich also in eine Wohnung, in der so gearbeitet wurde. Dann in die nächste und übernächste und jeder dieser Orte berührte mich ob seiner Kraft und Schönheit.
In diesen Wohnungen haben Rebekka Stricker zusammen mit Sonja Portman als Team gearbeitet, zum ersten mal seit vielen Jahren. In unseren Sitzungen hatten wir immer wieder gewitzelt: Wenn Sonja und Rebekka mal so richtig miteinander können, dann muss etwas ganz Besonderes passieren. Die beiden waren immer so eine Art Antipoden. Und genau das ist dann auch passiert. Die Räume waren von so einer Qualität, dass wir uns gesagt haben: Diesen Titel, der das ehrt, den müssen wir jetzt einfach schaffen. Und so kommt es, dass Rebekka und Sonja jetzt als erste diesen feinraum Titel erhalten. Grundsätzlich ist ja so ein Titel etwas furchtbar Machistisches. Ich gebe dir einen Titel, ich bin ja viel besser als du. Und du bist eine Empfängerin eines Titels und bedankst dich noch dafür.
Aber davon abgesehen, muss man doch endlich einmal dem Malermeister die Meistermalerin entgegenhalten. Und davon reden, dass es noch andere Dimensionen gibt. Dimensionen vom Qualitität, von Leben, von Lebensqualität, die so viel reicher sind als eine Quadratmeterabwicklung. Das ist etwas derart Einfältiges und Stumpfes, für das wir Menschen nicht gemacht sind. Zu arbeiten wie die Roboter. Wir Menschen sind dafür gemacht, dass wir unsere Qualitäten hervorbringen und diese entwickeln. Dafür sind wir eigentlich auf diesem Planeten.
Und jetzt möchte ich den Titel überreichen.
Also bitte Rebekka Stricker, die erste feinraummeisterin (grosser Applaus)
und Sonja Portmann (anhaltender Applaus ).
Jetzt muss ich noch kurz abschliessen. So ein Titel ist ja unter uns gesagt eine Gemeinheit. „Was wird nachher von uns erwartet“, wendet Sonja Portman ein.
Da will ich an eine Zengeschichte erinnern, von einem Bogenschützen, der immer ganz gut getroffen hat, aber nie die Beachtung seines Meisters fand. Irgendwann trifft er wieder und der Meister verneigt sich vor ihm und sagt: „Jetzt hast du aus deinem Selbst heraus geschossen und getroffen, aber du hast es nicht gemerkt. Darum ist es gelungen.“ Das möchte ich euch mit auf den Weg geben: Bewahrt eure Unschuld.
Herzlichen Dank fürs Dasein und fürs Kommen.
Der feinraum Meistertitel wird sporadisch an Raumschaffende vergeben, die im oben beschriebenem Sinn Meisterhaftes auf die Erde bringen. Das Komitee für die Evaluation hat seine definitive Form noch nicht und wird sich neu positionieren.
24. August 2022