Handwerk: Die Rückkehr des Malerischen in die Architektur. Oder gibt es noch Malerei am Bau?

Einleitungstext zum talk with world-crafts.org 18. Mai 2017 in Zürich – World Crafts Talk – Handwerk Malerei

Die Rückkehr des Malerischen in der Architektur. Oder gibt es noch Malerei am Bau?

Architektur und Malerei waren einst gleichwertige Partner als einander in die Hand spielende Disziplinen. Was daraus geworden ist und wie das jemand umsetzt, der sich seit mehr als 35 Jahren damit befasst.

Das Malerische im heutigen Bauen – wie muss man sich das vorstellen?

Verzieren, Dekorieren, Ornamente am Bau wirken oft aufgesetzt und etwas verloren. Geglückte Momente dieses Prozesses der „Inwertsetzung“ einer Baute kennen wir von Peter Zumtors Bad in Vals. Hier ist es die Verwendung des Valser Steins, der eingefärbte Beton sowie die Lichtführung, die malerische Züge zeigen. Nebst dem Mehrwert „Ambiance“, der so geschaffen wird, ist genau das ins-Licht-Setzten einer Baute ein urmalerischer Vorgang. Ein anderes dieser Glücksmomente finden wir bei Martin Rauchs Lehmarbeiten. In seinem Wohnhaus mit der Rakubrand Keramik von Marta Rauch erfährt man eindrücklich, wie Kunst gebaut werden kann.

Aber wie stet’s mit der Malerei?

Abgesehen von historischen Bauten, wo der Mehrwert von Farbe und Malerei offensichtlich ist, kann man fast sagen, dass das Malerische heute aus dem Bauen verbannt ist. Malerei scheint in einer Auseinandersetzung damit nicht wirklich einen Wert zu haben, die Wahrnehmung von Malerei ist heute eher negativ konditioniert: Farben stinken und die gemalten Oberflächen werden dann doch nicht so perfekt, wie die Industrie sie auf Küchen, Einbauten, Türen liefern kann,“ der Maler“ soll dann einfach den noch verbleibenden Oberflächen einen Anstrich verpassen. Und wo noch Farbe zum Zug kommt, wird diese an Farbgestalter delegiert.

Der malerische Prozess

Dem Malerischen als gestalterisch künstlerischer Vorgang im heutigen bauen widmet sich Carlo Vagnières und sein Team seit mehr als 35 Jahren. Dabei hat er bald begonnen seine Farben und Verputze selber herzustellen. Etwas naiv ahnte er damals kaum, welch ungezählte Möglichkeiten sich einem abseits von “RAL 9010“ erschliessen. Die Breite der Palette reicht von Wand- und Deckenfarben mit deren adäquaten malerischen Verarbeitungen zu Verputzen, Bodenbelägen (wie Kaklkaseinbeläge oder neuerdings ein gespachtelter Linoleumbelag) und vielem mehr. Die Mittel, mit denen Vagnières, der heute mit festem Team arbeitet, den Räumen und Bauten Lebendigkeit, Charakter, Tiefe, Ruhe, Schönheit, Harmonie, Glanz, Gewicht oder Leichtigkeit und Farbe und immer wieder auch bildnerische Malerei verleiht, sind endlos. Einmal soll ein Raum weich und offen zeichnen, ein andermal kompakt und begrenzend (was schon mit einem kleinen Zusatz im Bindemittel erreicht werden kann). Ob man eine Farbe herstellt oder einen Farbton bestimmt oder ihn malt, jeder Moment dieses Prozesses ist immer emphatisch verbunden mit dem Objekt und für das Objekt. Feinraum, wie seine Firma heute heisst, ist ein Dauerlaboratorium für lebendigen Ausdruck im Bau.

Gibt es noch Malerei am Bau?

Die Antwort ist Ja und wie, auwertend und nachhaltig. Einige Beispiele:

Hotel de Ville, Orbe. 2011/2012 das CV mit und für den Architekten Michel Lardierei realisierte

Zu diesem Thema siehe auch den Artikel: Gegenwärtiges Projekt Stümmel – malerischer Umgang mit den geraden Flächen im heutigen bauen

Oder: die Treppenhausmalereien im Zürcher Seefeld 

Oder einach die Seite Farbgestaltungen von Feinraum

 

11. Mai 2017

Miro mit einem Augenzwinkern, Treppenhausmalerei