Neu auch in Indien tätig! Erste Naturfarben, erste Arbeit

Excitement pure! Meine erste Farbe und meine erste Farbarbeit in Tamil Nadu,

Impressionen aus meinem Aufenthalt in Südindien

Business as usual ist per se der Tod aller Kreativität. Darum ist es so aufregend an einem Ort, den man kaum kennt, vollkommen neu anzufangen. Auf meiner langen Suche nach Rohstoffen und Werkzeugen, die mich mit Mr. Das, dem wunderbaren Denkmalpflegechef von Pondicherry, den Earth-Institut von Auroville sowie mit pfiffigen erfinderischen Unternehmern zusammenbrachte, bin ich Shop um Shop abklappern gegangen (denn für jedes Ding gibt es hier einen eigenen Laden) und habe dann schliesslich nach mehreren Tagen alles (zusammen), was ich für meine erste “Natur-Farbe“ hier in Südindien brauche. Was ich zusammentrug (permanent assistiert von den überaus liebenswerten Mitarbeitern meines umtriebigem Freundes Vijay) sind Schnur, Klebband, etwas zum Abdecken, Eimer, um die Farbe anzumachen, kleine Gefässe, um die Pigmente anzusumpfen, Waage und Litermass, Kreide, Leim und schließlich viel zu kleine Pinsel, von denen ich später einfach mal zwei mit Klebeband zusammenfüge. Nachdem dann auch noch der Drill (die Bohrmaschine) und der Propeller gefunden ist kann’s losgehen: Es wird eine simple Leimfarbe sein, mit der ich die Wohnzimmerdecke im Haus von Vijay und Anna gleich streichen werde.

Ein Riesenspass ist das, und in einem Land, wo man nicht einfach in einen Baumarkt gehen kann, um das alles bequem von einem Ort herzuholen, ein richtig tolles Abenteuer; grossartig ist zudem, wie einem die Leute – so sie einen denn verstehen – weiterhelfen.

Gleichwohl, das Verhältnis zur Arbeit ist hier kein bisschen anders als in der Schweiz: Arbeit ist primär einfach mal lästig, will so schnell wie möglich erledigt werden. Schönheit der Bewegungen und bewusstes, achtsames Arbeiten finden kaum Resonanz, auch wenn sich meine Mitarbeiter durchaus Mühe geben (und dann doch wohl eher, um mir zu gefallen). So ist es schwer verständlich, dass man nicht einfach den Roller nimmt, geht es doch damit viel schneller. Dass man das lavendelblaue kühlende Wolkenbild damit nicht hinkriegt, wird dann naturgemäss erst während der Arbeit verstanden.

Nichtsdestoweniger, Farbe und Arbeit kommen beim Kunden und bei einem befreundeten Architekten gut an und am Resultat haben dann alle ihre Freude. Das ist doch vielverheissend. Und das macht, ich gebe es gerne zu, Lust auf mehr! Eine Kalkwandfarbe, wie wir sie bereiten, schwebt mir vor. Zusammen mit einer ökologischen Pigmentfarbwahl aus lokalen Erden? Indien hat doch eine kleine Ockerindustrie – es gibt sie also schon auch fertig, die Pigmente… fehlen noch blau und grün…

Ein Tempel in Kerala soll ausschliesslich mit natürlichen Materialien bemalt werden. (Indische Tempel sind oft voller Malerei. Deren Fertigung sind den Priestern so wichtig, dass sie eigens eine Schule führen, wo diese traditionell natürlichen Arbeitsprozesse gelehrt und vermittelt werden).

Also auf geht’s, ich bin wirklich gespannt wie ein Regenbogen. Hier sind die Temperaturverhältnisse ja komplett anders. Was bei uns das Problem mit der Kälte ist, ist hier die Krux mit der Hitze. So müssen Gebäude einen Monsun überstehen können, ohne Pilze und Algen anzusetzen und sie müssen vor allem kühlen können. Nur ein perfektes Zusammenspiel von Bautechnik und Oberflächenmaterial kann dies gewährleisten.

Man kann in Indien neue, uralte, Methoden entdecken, etwa, wie die Leute ihre Verputze und Mörtel seit wohl mehr als tausend Jahren herstellen und dabei (wie bei uns auch) auf tausendjährige bestens erhaltene Beispiele von grosser Schönheit und perfekter Umweltverträglichkeit blicken – Gibt es da Techniken, die wir auch in der Schweiz anwenden können?

Wir werden sehen!

Carlo Vagnières im Februar 2017

7. März 2017

Anstrich als Beleuchtungskörper mit der ersten eigenen Leimfarbe in Indien